Freddy Litten

(Frederick S. Litten)

Ludwig Kalb ‒ Kurzbiographie

Die folgende Kurzbiographie wurde ursprünglich 1993 für den zweiten Band des "Professorenkatalogs" der Ludwig-Maximilians-Universität München verfaßt und 2000 auf den damals neuesten Stand gebracht. Da jedoch das Erscheinen dieses Bandes immer noch nicht absehbar ist, wird sie hiermit in seitdem unveränderter Form im Internet präsentiert, um vielleicht doch noch von Nutzen zu sein.
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Kalb, Ludwig, * 17. 12. 1879 München, † 14. 6. 1958 Schlehdorf (Oberbayern). (ev.) ⚭ 23. 10. 1917 Auguste Reiss, † 1935, ⚭ 8. 7. 1940 Elfriede Selle.
V Eduard, Kaufmann, * 9. 8. 1842 Nürnberg, † 17. 9. 1918 München; M Rosa Gorter, * 16. 2. 1850 Nürnberg, † 27. 8. 1930 München; ⚭ 24. 5. 1870.

K. absolvierte 1898 das Humanistische Gymnasium in München und begann nach dem Militärdienst 1900 das Studium der Chemie, bis 1901 in Berlin, anschließend in München. Am 27. 7. 1905 promovierte K. in Chemie bei Adolf von Baeyer. Nach einigen Jahren als Chemiker in der Industrie kehrte K. nach München zurück, habilitierte sich am 17. 7. 1912 bei von Baeyer und wurde am 16. 8. 1912 Priv.-Doz. an der Univ. München. Nachdem er bis 1917 Kriegsdienst an der Westfront geleistet hatte, wurde K. wegen Krankheit abkommandiert und führte chemische Arbeiten unter Heinrich Wieland am Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem und an der Technischen Hochschule München aus. Mit der Entlassung aus dem Militärdienst kehrte K. Anfang 1919 erneut an das Chemische Laboratorium des Staates in München zurück und wurde 1. Unterrichtsassistent unter Richard Willstätter; zur gleichen Zeit erhielt er Titel und Rang eines ao. Prof.; 1928 wurde er Oberassistent am Chemischen Laboratorium. Von 1921 bis 1950 vertrat K. das Fach "Chemische Technologie" an der Univ. München, außerdem verwaltete er die Technologische Schausammlung des Laboratoriums. Von 1. 6. 1951 bis 30. 8. 1952 hatte K. auf Antrag Wielands eine Diätendozentur inne, daraufhin wurde er in den Ruhestand versetzt.

Bereits seine Diss. 1905 "Über Diphenochinon und Derivate des Diphenochinondiimins" weist auf das erste Hauptforschungsgebiet K.s hin: die Farbstoff-Chemie. Die Arbeit, unter der Leitung Willstätters angefertigt, zeigte eine wichtige Methode zur Darstellung des Diphenochinons auf. Bis in die 1920er Jahre, so z. B. in seiner Habil. "Über Dehydro-Indigo", beschäftigte sich K. mit diesem Teilgebiet der Chemie. Einige dieser Arbeiten wurden auch noch nach Jahrzehnten rezipiert. Dagegen blieben K.s Studien zur Holz-Chemie (Lignin, Cellulose), der er sich besonders ab der Mitte der 1920er Jahre mit industrieller und später auch staatlicher Unterstützung zuwandte, in der Wirkung im wesentlichen auf die 1930er und 1940er Jahre beschränkt. Auf beiden Gebieten hielt K. eine Reihe von Patenten. Außerhalb dieser Schwerpunkte seien noch eine Arbeit von 1921 über das später so genannte Kalbs Arsanthren und die erstmalige Darstellung von Aldehyden durch Oxidation primärer Säurehydrazide, 1926 veröffentlicht, erwähnt. Nach 1934 war K.s Forschungstätigkeit durch familiäre und äußere Umstände erheblich eingeschränkt. K.s Bedeutung für die Ausbildung zeigt sich neben der langjährigen Vorlesungs- und Exkursionstätigkeit auch in der Betreuung von ungefähr dreißig Dissertationen aus seinen beiden Fachgebieten.

Q UAM, E-II-N Ludwig Kalb; BayHStAM, MK 43844; BayHStAM, Kriegsarchiv, OP 10909.

W Über Diphenochinon und Derivate des Diphenochinondiimins, Diss. Univ. München 1905; Über Dehydro-Indigo, Habil. Univ. München 1912 (gedruckt als: Dehydro-Indigo I-IV, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft, 42 (1909), 3642-3652, 3653-3664, 44 (1911), 1455-1464, 45 (1912), 2136-2149); Über Arsanthren (Diphenylendiarsin), Liebig's Annalen der Chemie 423 (1921), 39-75; Darstellung von Aldehyden durch Oxydation primärer Säurehydrazide, mit Otto Groß, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 59 (1926), 727-737.

L DBA N.F.; Poggendorff, Bde. V, VI, VIIa (W); W. Prandtl, Die Geschichte des Chemischen Laboratoriums der Bayer. Akad. der Wissenschaften in München, Weinheim 1952, 90-91 (P); K.-H. König, W. Schulze, G. Möller, Notiz zur Darstellung des Diphenochinons und einiger Derivate sowie des Stilbenchinons, Chemische Berichte 93 (1960), 554-556; F. Kober, Die Arsen-Arsen-Bindung, Chemikerzeitung 105 (1981), 199-212.

© Freddy Litten
13.7.2023