Julius Wilhelm Sand ‒ Kurzbiographie
Die folgende Kurzbiographie wurde ursprünglich 1993 für den zweiten Band des
"Professorenkatalogs" der Ludwig-Maximilians-Universität München verfaßt und 2000
auf den damals neuesten Stand gebracht. Da jedoch das Erscheinen dieses Bandes immer noch nicht absehbar
ist, wird sie hiermit in seitdem unveränderter Form im Internet präsentiert, um vielleicht doch noch
von Nutzen zu sein.
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Sand, Julius Wilhelm, * 28. 8. 1878 Ansbach, † 30. 8. 1917 Sonthofen. (ev.) ⚭ 27. 3. 1909, geschieden Juni 1917,
Herta Fichner, * 13. 12. 1877 Memel/Königsberg, † 8. 3. 1938 München.
V Max von Sand, Senatspräsident, † 12. 5. 1903; M Rosa Herwagen, † 8. 8. 1910.
Nach dem Besuch des Realgymnasiums Augsburg studierte S. ab 1896 Chemie an der Univ. München. Ab 1. 8. 1898 war er Assistent am Chemischen Laboratorium des Staates unter der Leitung Adolf von Bayers. Am 31. 5. 1900 promovierte er an der Univ. München mit einer unter der Leitung Karl Andreas Hofmanns angefertigten Arbeit, am 16. 7. 1903 habilitierte er sich, am 13. 8. 1903 wurde er zum Priv.-Doz. an der Univ. München ernannt. Im Oktober 1903 wurde er für ein Jahr beurlaubt, um seine Ausbildung besonders in physikalischer Chemie bei Walther Nernst an der Univ. Göttingen zu vervollständigen, da er dieses Fach in München vertreten sollte. Als ao. Prof. an der Univ. München vorgeschlagen, wählte er einen Ruf als Abteilungsvorsteher am Physikalisch-Chemischen Institut der Univ. Berlin und wurde am 28. 10. 1908 aus dem bayer. Staatsdienst enthoben. Bereits am 2. 10. 1908 wurde er ao. Prof. an der Univ. Berlin, ließ sich aber im Juli 1909 als Abteilungsvorsteher und, nach mehrsemestriger Entbindung von der Lehrverpflichtung, im Oktober 1911 als ao. Prof. wieder entlassen. Bei Kriegsausbruch 1914 meldete sich S., inzwischen wieder in Bayern, freiwillig und stieg an der Westfront zum Leutnant auf. 1915 erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse. Aufgrund einer schweren Verletzung kehrte S. 1916 nach Bayern zurück und wurde im folgenden Jahr mit der Ausbildung eines Artillerie-Meßtrupps betraut. Ein wohl aus der Verletzung resultierendes Kopfleiden und familiäre Probleme führten Ende August zu seinem Selbstmord.
S., den Adolf v. Baeyer als einen "der besten aus meinem Laboratorium hervorgegangenen Chemiker" bezeichnete, beschäftigte sich, angeregt von und anfangs in Zusammenarbeit mit K. A. Hofmann, mit metallorganischer Chemie, speziell mit Verbindungen von Mercurisalzen mit Olefinen in wässriger Lösung, wodurch dieses Gebiet einigen Aufschwung erfuhr. Zu erwähnen sind daneben die erste Darstellung der Pentamminnitrosokobaltsalze, sowie Studien über Molybdänkomplexe. Gemeinsam mit Nernst verfaßte S. Arbeiten über die unterchlorige Säure. Aus seiner Berliner Zeit liegen keine Veröffentlichungen vor. Während seiner Rekonvaleszenz 1917 beschäftigte er sich intensiv mit dem Bau elektro-optischer Geräte zur Entfernungsmessung für die Flak.
Q UAM, E-II-N Julius Wilhelm Sand; BayHStAM, Kriegsarchiv, OP 21621; Stadtarchiv München, Polizeimeldebogen S 14; Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin, Universitätskurator, S 19 Julius Sand; Stadt Sonthofen, Standesamt.
W Über organische Quecksilberverbindungen, Diss. Univ. München 1900; K. A. Hofmann und J. Sand, Über das Verhalten von Mercurisalzen gegen Olefine, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 33 (1900), 1340-1353; Über anorganische Additionsverbindungen ungesättigter Substanzen, Habil. Univ. München 1903 (gedruckt in: Liebig's Annalen der Chemie 329 (1903), 135-166); W. Nernst und J. Sand, Zur Kenntnis der unterchlorigen Säure, Teile I und II, Zs. für physikalische Chemie 48 (1904), 601-614, Teil III, Zs. für physikalische Chemie 50 (1904), 465-480; Zur chemischen Statik und Kinetik der Quecksilberäthylenverbindungen, Zs. für physikalische Chemie 59 (1907), 424-443; Über die Molekülgröße des graublauen Chromtrichloridhexahydrates, Zs. für physikalische Chemie 62 (1908), 1-43.
L DBA N. F.; Poggendorff, Bd. V (W); Wer ist's VI (1912), 1361; W. Prandtl, Die Geschichte des Chemischen Laboratoriums der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München, Weinheim 1952, 72-73; J. Chatt, The Addition Compounds of Olefins with Mercuric Salts, Chemical Reviews 48 (1951), 7-43; W. Kitching, Some Aspects of Oxymetalation, Organometallic Chemistry Reviews 3 (1968), 61-134.
© Freddy Litten
13.7.2023