Freddy Litten

(Frederick S. Litten)

Wilhelm Constantin Wittwer ‒ Kurzbiographie

Die folgende Kurzbiographie wurde ursprünglich 1993 für den zweiten Band des "Professorenkatalogs" der Ludwig-Maximilians-Universität München verfaßt und 2000 auf den damals neuesten Stand gebracht. Da jedoch das Erscheinen dieses Bandes immer noch nicht absehbar ist, wird sie hiermit in seitdem unveränderter Form im Internet präsentiert, um vielleicht doch noch von Nutzen zu sein.
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Wittwer, Wilhelm Constantin, * 21. 5. 1822 Oberdorf/Schwaben, † 30. 1. 1908 Regensburg.
V Landgerichtsarzt.

Nachdem W. die Lateinschule in Kempten absolviert hatte, war er längere Zeit als Apothekerlehrling und Gehilfe tätig gewesen, bevor er 1845 die pharmazeutische Prüfung ablegte. 1846 holte er den Gymnasialabschluß in München nach und wandte sich dem Studium der Naturwissenschaften an der Univ. München zu. 1848 bearbeitete er eine Preisfrage der Phil. Fak. der Univ. München über die Atmung der Pflanzen und promovierte damit am 10. 3. 1849. Ebenfalls 1848/1849 nahm er mit großem Erfolg am Lyzeallehramtskursus für mathematische Fächer teil. Im Sommersemester 1849 studierte W. an der Univ. Göttingen, kehrte dann nach München zurück und habilitierte sich im März 1850 an der Univ. München für Physik, Mathematik und Astronomie; die Ernennung zum Priv.-Doz. erfolgte am 30. 4. 1850. 1854 übernahm W. die Vorlesungen des verstorbenen Prof.s Georg Simon Ohm und bemühte sich (erfolglos) um die Ernennung zum ao. Prof., 1860, auch durch Direktantrag beim König. Zum 1. 11. 1861 wurde er, unter Enthebung als Priv.-Doz, zum Lyzealprof. für Naturgeschichte am Lyzeum Regensburg ernannt; ab 1863 war er dort für Physik, Chemie und physikalische Geographie zuständig und Konservator der Lyzeal-Sternwarte und der meteorologischen Station. 1865 bemühte er sich erneut um eine Prof. in München, 1866 in Würzburg - beide Male wiederum erfolglos. 1892 wurde er als Dienstältester am Regensburger Lyzeum zum Ordinarius neuerer Ordnung befördert, 1897 auf eigenen Wunsch unter Verleihung des Titels Kgl. Hofrat emeritiert.

W. veröffentlichte Arbeiten zur Physik (Wärmetheorie, Optik), Chemie, Klimatologie, Geographie, Pflanzenphysiologie und Wissenschaftsgeschichte. Bekannt ist er aus einem Streit mit Robert Wilhelm Bunsen über eine chemische Photometrie mittels Chlorwasser. Bunsens selbst beim damaligen Kenntnisstand ungerechtfertigte, negative Einschätzung der entsprechenden Arbeiten W.s spielte in München vermutlich eine, in Würzburg sicherlich die Hauptrolle für die Ablehnungen der Gesuche W.s um eine Professur. Für die Konstruktion eines Telegraphenläutewerks zum Anrufen einer bestimmten unter mehreren Stationen erhielt W. 1881 die Silbermedaille der Elektrizitätsausstellung in Paris.

Q UAM, E-II-399 Wilhelm Const. Wittwer.

W Geschichtliche Darstellung der verschiedenen Lehren über die Respiration der Pflanzen unter besonderer Berücksichtigung der Frage: Trägt sie zur Ernährung der Pflanzen bei oder nicht?, Diss. Univ. München 1849 (gedruckt: München 1850); Über die Newton'schen Ringe im Regenbogen, Habil. Univ. München 1850; Versuch einer Statik der chemischen Verbindungen, München 1854; Über die Einwirkung des Lichts auf Chlorwasser, Annalen der Physik 94 (1855), 597-612; Die physikalische Geographie faßlich dargestellt für Studierende und Freunde der Naturwissenschaften, Leipzig 1859; Alexander von Humboldt, Leipzig 1860; Grundzüge der Klimatologie, München 1860-1862; Lehrbuch der Physik zum Gebrauche in Schulen und für den Selbstunterricht, Regensburg 1866; Die Moleculargesetze, Leipzig 1871; Grundzüge der Molecular-Physik und der mathematischen Chemie, Stuttgart 1885.

L DBA N. F.; Bosl Erg.; Poggendorff, Bde. II, III, IV, VI (W); W. Schenz, Das erste Jahrhundert des Lyzeum Albertinum Regensburg, Regensburg 1910, 316-318; G. Lockemann, Robert Wilhelm Bunsen, Stuttgart 1949, 125; L. Pongratz, Naturforscher im Regensburger und ostbayerischen Raum, Regensburg 1963, 126-127; J. R. Partington, A History of Chemistry, vol. 4, London 1964, 717-718; U. Boberlin, Photochemische Untersuchungen von R. Bunsen und H. Roscoe im Vergleich mit den Arbeiten J. W. Drapers und W. C. W.s. Die Anfänge der quantitativen Photochemie im 19. Jahrhundert, Berlin 1993.

© Freddy Litten
13.7.2023